Das alte Potsdamer Stadtfernsehen
ist pleite. Alle Bemühungen, auch von Seiten PotZdams,
haben nicht gefruchtet. Traurig verkündete Peer Straube
in einem PNN-Interview das Ableben des PSF, das PotZdam nicht
nur Straubes wegen geliebt hat. Es laufe "momentan die
letzte Sendeschleife", ob diese jemals abgeschaltet würde
und wer dies tun sollte, war dem Chefredakteur des Stadtfernsehens
nicht zu entlocken. Unsere Freude über dieses mediale Highlight,
noch bis ins Jahr 2006 und darüber hinaus die Regionalnachrichten
einer Septemberwoche des Jahres 2002 wieder und wieder anschauen
zu dürfen, hielt nicht lange an. Es fand sich jemand, der
die Schleife abschaltete und so Straubes genialen Plan, für
alle Ewigkeit medienpräsent durch Potsdams Wohnzimmer zu
geistern, nach schon zwölf Stunden zunichte machte.
Seitdem gibt es also das brandneue Potsdamer
Stadtfernsehen. "Alles bleibt beim Alten, nur das eine
oder andere neue Gesicht wird in Zukunft auf Ihrem Bildschirm
zu sehen sein." Kontinuität versprach an diesem denkwürdigen
Tag eine Stimme aus dem Off... In ihr klang der Wille zum Aufbruch
in noch nie da gewesene Fernsehwelten mit. Junger, gut recherchierter
Journalismus, neue unverbrauchte Gesichter, Sprecher mit Sprechausbildung
in gut sitzender Garderobe. So macht Regionalfernsehen Spaß!
Straubes Stimmpathos ist also Randl Herrmann
gewichen. Was die Anzüge betrifft, hält sich die Verbesserung
in Grenzen. Das Handikap nur ein einziges Jackett zu besitzen,
gleicht Herrmann durch einen unerschöpflichen Fundus an
rosa Hemden und deren geschickten Einsatz aus. Dass Herrmann
den Beruf eines Moderators nie gelernt hat, wird nonchalant
durch echte Potsdamer Kodder-Schnauze überspielt. Das Totensonntagsmoderieren
ist beim PSF einer "Wir-quatschen-wie-uns-der-Schnabel-gewachsen-ist"-Tonlage
gewichen: "Und äh, wie sie sisch jetzt äh grad
äh vor dem Fernseher versammelt habn, versammeln sich äh,
die PDS äh grad äh in Berlin, äh heute."
Man könnte glauben, Herrmann habe Rhetorikunterricht bei
Edmund Stoiber genommen, der ihm neben satzstrukturierenden
"Ähs" auch das ins Gesicht gebrannte Dauergrinsen
beigebracht hat, das jeden Hai neidisch werden lässt.
Der aufmerksame Leser wird jetzt bestimmt
unruhig hin und her rutschen: PDS-Parteitag in Berlin, davon
hat man ja gar nichts gehört! Mit Recht: Der Parteitag
war in Gera. Man darf einem so jugendlich frischen Sender wie
dem PSF jedoch keine Vorwürfe ob dieser kleinen Ungereimtheit
machen. In der Reihenfolge 1) Recherche, 2) in die Kamera grinsen
und 3) lustig drauf los quatschen ist eine kleine Verwechslung
aufgetreten. Schon zwei Tage nach Ende des Parteitages hatte
auch PSF nach intensiven Nachforschungen herausgefunden, wo
er wirklich stattfand. Schneller ist an diese Information nur
N-TV gelangt, aber das ist bekanntlich ein Nachrichtensender.
Manchmal gibt es auf PSF auch Nachrichten,
die möglicherweise auch so passiert sind. Dies ist das
Revier eines weiteren Fernseh-Newcomers: Martin Schröder.
Manche Fernsehsender würden sich scheuen, einen Nachrichtensprecher
zu beschäftigen, der die Betonung des Stammvokals so konsequent
ignoriert wie Schröder. "Bei nochmal Sonnschei auch
viel Besuch in Pots Park un Gärte." So ging es nicht.
So konnte es nicht bleiben und als Schröder die gleiche
Nachricht "Bei nochmAHAL SonnenschEIhEIn wiedER vielEE
BesuchÄÄR in PotsDAMS Parks und GärTÄN!"
vorlesen konnte und dabei nur einmal stockte, hatte er vermutlich
den Job. Seinem Ego scheint es gut getan zu haben, den seit
Neustem irritiert der Schelm die Zuhörer in dem er manchmal
doch richtig betont: "VOLTäirweg!" Chirac steh
uns bei.
Das PSF ist aber nun beileibe kein reines
Nachrichtenfernsehen: Verlosungen sind eine Spezialität
des Senders. Für die Beantwortung schwierigster Fragen
wie: Wer weiht das Fortuna Portal ein? a) Günther Jauch,
b) Günther Grass, c) Günther Jauch, d) Friedrich der
Große, winken dem Zuschauer wertvolle Gewinne wie Schlüsselanhänger,
Schnupperkurse in Fitnessstudios oder Essensgutscheine für
einer Dönerbude nach Wahl. Um auch allen die Möglichkeit
der Teilnahme am Gewinnspiel zu ermöglichen und weil so
hochwertige Preise auch nicht jeden Tag zu Verfügung stehen,
wird alle vierzehn bis fünfzehn Tage verlost. Damit niemand
zu ungeduldig wird, gibt es manchmal einen "Gaststar",
zum Beispiel Michael Stuß!
Michael Stuß? Der hat bei "Wer
wird Millionär?" mal 150.000 DM gewonnen und ist Potsdamer.
Dass seine Gewinnsumme noch in Mark ausgezahlt wurde, zeigt,
dass sich niemand zu schämen braucht, wenn er es schon
wieder vergessen hat. Alte Sensationsnachrichten sind das Drögeste
auf der Welt. Trotzdem erfährt man ungefragt, dass Günther
Jauch total so ist, wie man sich ihn vorstellt und dass Stuß
sich von seinem Gewinn als erstes eine Tote-Hosen-CD gekauft
hat. Oder dass er Bayern-München-Fan ist.
Warum wird dieser Mensch tagelang geheimnisvoll
mit "Super-Special-Guest" angekündigt und darf
dann noch ungereimtes Zeug von sich geben? Und wenn Herr Herrmann
nach dieser Sendung in die Kamera grinst und flötet: "mindestens
genauso inter äh sant wie diese Sendung äh wird jetzt
äh das Brandenburg Magazin...", schalte man doch lieber
schnell auf NeunLife. Da kriegt man wenigstens richtige Gewinne.
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