Wie man sich Freunde macht
Hier spricht Daniela
Von P. Brückner

Für geraume Zeit ist ein in vielen vorherigen Ausgaben beschriebenes Thema von PotZdam vernachlässigt worden. Die Rede ist hier nicht vom Service-Personal in Nico Gehns Kaffee-Imperium und auch nicht vom Kronjuwel der Deutschen Bahn, dem RE 1. Gemeint ist Thalia-Daniela.

Um den letzten Jahrwechsel herum gelang es Daniela durch geschickt eingesetzte Kompetenzüberschreitungen, merkwürdigen Gesprächseinstiege und altkluge Besserwissereien über Filme in verschiedenen Artikeln gewürdigt zu werden. Doch dann wurde es still um sie.

Das liegt nicht daran, dass wir nicht mehr ins Thalia gehen, auch hat sich Daniela nicht sonderlich gewandelt: Man hat sich einfach aneinander gewöhnt. Wir können weit souveräner mit aufgezwungenen Gesprächen über Filme umgehen, die wir nicht gesehen haben, und zeigen ungefragt unseren Ausweis zusammen mit der noch immer lichtbildlosen Cinecard vor. Daniela hingegen erläßt uns inzwischen manchmal die Kontrolle unserer Identität, auch wenn man sich nie sicher sein kann, wann dieser Fall eintritt. Auch unser Filmgeschmack wird nur noch selten von ihr in Frage gestellt, und wenn wir eines Freitagabends, an dem eigentlich alle in "Halbe Treppe" möchten, die ersten sind, die Karten für die Mitternachtspremiere von "Harry Potter II" erwerben möchten, dann werden wir zuvorkommend wie Stammkundschaft bedient.

Die Stimmlage wechselt aus der "Egal-wie-Hauptsache-der-Verkehr-fließt"-Lage in fast freundschaftliches Geplauder: "Ach da habt ihr euch ja den besten Augenblick ausgesucht, na Reihe sechs, Mitte, wie immer, stimmt's! Zwei oder drei Karten, 10 Euro bitte. Danke!" Dazwischen zu jemand anderem: "NEin HAlbe TREppe" HAt NOch NIcht ANgefangen", oder "JA BAader KOmmt AUch IN DEr SPätvorstellung!" Würden wir Daniela auf ein Kaffee einladen, fielen wahrscheinlich die letzten trennenden Barrieren...

Dass eine Freundschaft mit Daniela auch schwierige Nuancen haben kann, wollen wir an dieser Stelle jedoch nicht verschweigen. Ihr bestimmendes Wesen macht es schwer ihr einen Wunsch abzuschlagen. So wird ein Anruf im Thalia nötig, der endgültige Klarheit darüber schaffen soll, ob die erst angekündigte und anschließend wieder abgesagte Preview des Films "Roter Drache" nun stattfindet oder nicht. Das Zweites der Fall ist, kann Daniela schnell erklären, aber sie will uns trotzdem am folgenden Abend sehen.

"DA HABEN WIR NOCH ANDERE PREVIEWS! (Daniela gehört nicht zu den Menschen, die wissen, dass in Telefone gemeinhin ein Lautverstärker eingebaut wird.) ZUM BEISPIEL EINEN ECHT GEILEN FILM: ARMY GO HOME."

Von dem haben wir schon gehört, weder Kritiken noch Trailer haben uns überzeugt.

"Ähm, das ist doch der mit Kevin Bacon?", fragen wir um sicher zu gehen, denn wenn Daniela einen Film empfiehlt, können wir dies nicht achtlos abtun.

"Kevin BACON? NEE, DER IST MIT JOAQUIN PHOENIX!"

"Ist doch irgendwie die gleiche Kategorie Schauspieler", versuchen wir unseren Lapsus auszubügeln.

"IST ER AUF GAR KEINEN FALL!" Daniela kommt in Fahrt: "IST JEDENFALLS EIN GEILERRR FILM. DER ZEIGT DIE ARMEE MAL SO RICHTIG WIE SIE IST, GANZ OHNE PATHOS UND HEROISMUS. UND WAS ISCH GELACHT HABE. ICH SAGE MAL SO RICHTIG GEILER SCHWARZER HUMOR. TOLLER FILM."

Daniela ist begeistert; wir sollen es gefälligst auch sein. Einfach "Kein Interesse" zu sagen übersteigt unsere mentalen Fähigkeiten, wir trauen uns nicht. Sehen wollen wir "Army go Home" aber auch nicht.

"Ähm wir wollen mit Freunden ins Kino, die müssen wir erst noch fragen, nur so, der Form halber. Wir rufen gleich wieder an." Schweißgebadet legen wir auf, wohl wissend, dass Daniela uns durchschaut hat. Das wird beim nächsten Mal was geben!

Warum wir das grade aufschreiben? Als wir gleich darauf in der UCI-Kinowelt Potsdam anriefen (Daniela verzeih uns!) um dort Karten für "Roter Drache" zu reservieren, blaffte eine anonyme Frauenstimme: "NEE."

"Wie: Nee.", wollten wir wissen.

"Geht erst ab morgen!"

"Und warum?"

"WEIL DAS SO IST!" Der Hörer wird aufgeknallt.

Deshalb ist es uns Herzensbedürfnis eine Lanze für Daniela zu brechen. Wir finden: Jedes Kino sollte eine haben!

© POTZDAM 2002 - P. Brückner